Verschnallung der Doppellonge – Wirkung, Varianten & Fehlerquellen

aktualisiert am Juni 21, 2025

1. Verschnallung ist keine Nebensache

Wenn wir mit der Doppellonge arbeiten, ist eine der ersten Fragen oft: "Wie verschnallst du denn deine Longen?"

Was viele nicht wissen: Die Wahl der Verschnallung ist ein wichtiger Teil der Doppellongenarbeit, da sie direkten Einfluss auf die Bewegungsqualität und das Lernverhalten des Pferdes hat. Jede Verschnallung folgt physikalischen Prinzipien. Es wird das Prinzip von loser Rolle, fester Rolle, Flaschenzug, Hebelwirkung und Reibung angewendet – und die Art der Verschnallung hat dadurch eine ganz konkrete, vorgegebene Wirkung auf das Pferdemaul, die Kopf-Hals-Position, die Zugrichtung und auch auf das Lernverhalten des Pferdes.

Deshalb ist es so wichtig, nicht einfach „nach Gefühl“ oder „wie es alle so machen“ zu verschnallen – sondern bewusst, durchdacht und pferdegerecht.

Wenn Du wissen willst, was Du ansonsten noch alles bei der Arbeit an der Doppellonge beachten solltest, dann schau Dir meinen Artikel "Doppellonge lernen? - das solltest Du wissen!" an.


Im Artikel "Hilfen und Handgriffe an der Doppellonge - so kommunizierst Du fein mit Deinem Pferd" zeige ich Dir die verschiedenen Verschnallungsmöglichkeiten und erkläre Dir, welche aus meiner Sicht Sinn machen und welche nicht. 

2. Die drei grundsätzlichen Verschnallungen

Im Grunde lassen sich die gängigen Verschnallungsarten in drei Varianten unterteilen, die wiederum durch die Höhe der Verschnallung und die Führung der äußeren Longe verändert werden können.

2.1. V-Verschnallung oder Remontenverschnallung

Bei der V-Verschnallung wird die innere Longe von der Hand durch das Gebiss an den Gurt verschnallt. Die äußere Longe verläuft von der Hand durch den Gurt an das Gebiss.

Diese Art der Verschnallung wird von vielen Ausbildern als die Verschnallung für junge Pferde gelehrt, da sie besonders verständlich und weich sein soll.

Bei dieser Verschnallung wirken allerdings durch die Anwendung der losen Rolle am Gebiss und dem Hebel durch die seitliche Longenführung sehr starke Kräfte. Am Maul des Pferdes wirkt dadurch eine deutlich höhere Kraft ein, als der Longenführer einsetzt. Der Longenführer ist sich dessen aber oft nicht bewusst, da durch die Kräfteverteilung nicht so viel Kraft in der eigenen Hand zu spüren ist, wie am Pferdemaul einwirkt.

Es gibt allerdings eine Variante der V-Verschnallung, bei der die innere Longe nur von der Hand an einen Kappzaum verläuft. Diese Variante ist an der inneren Longe also verschnallt wie eine normale einfache Kappzaumlonge und zusätzlich zu dieser hast Du dann die äußere Longe auch noch zur Verfügung. Diese verwende ich für junge Pferde zu Beginn, wenn sie sich an der direkten Verschnallung noch eng machen. Allerdings wechsle ich meistens dann relativ schnell zur direkten Verschnallung und baue hier viele lösende Übungen ein. 

Bei dieser Art der Verschnallung kann kein flüssiger Handwechsel longiert werden.

2.2. Direkte Verschnallung

Die innere und die äußere Longe werden jeweils von der Hand durch das Leinenauge am Gurt ans Gebiss geführt.

Diese Art der Verschnallung wird oft als “schwieriger fürs Pferd” gelehrt. Da der Longenführer häufig zu Beginn mehr in der Hand fühlt als bei der V-Verschnallung. Da die Kräfteverteilung am Gebiss und in der Hand des Longenführers genau gleich ist (wenn die Reibung vernachlässigt wird) -  im Vergleich zur V-Verschnallung, bei der der Longenführer weniger in der Hand fühlt. Das heißt aber, die Verschnallung ist nicht "schwieriger" als die V-Verschnallung, sondern es wirken einfach weniger Kräfte auf das Maul des Pferdes ein.

Es kann natürlich sein, dass das Pferd ohne diese einwirkenden Kräfte nicht so schnell in ein gewünschtes “Förmchen” findet. Hier ist meine Herangehensweise aber "mehr Vorarbeit und Ursachenforschung, anstatt mehr Krafteinwirkung" durch andere Arten der Verschnallung.

2.3. Mehrfache Verschnallungen

Auf einigen Reitplätzen und in Reithallen findet man auch eine mehrfache Verschnallung. Bei dieser Verschnallung wird die Longe von der Hand zum Gurt, danach zum Gebiss und dann wieder zum Gurt geführt.


Hierbei ist es möglich die Longe von allen erdenklichen Ringen am Gurt von unten nach oben oder umgekehrt zu führen. Diese Verschnallung wirkt wie ein Schlaufzügel. Nur, dass noch zusätzlich erschwerend die Dynamik der Bewegung hinzu kommt. Das Pferd hat keine Möglichkeit, sich aus dieser Verschnallung heraus zu lösen.

Diese Verschnallungsarten sind aus meiner Sicht nicht tiergerecht und sollten nicht angendet werden.

Hier oben verläuft die Longe von der Hand zu den Leinenaugen, von dort aus zum Gebiss und dann zwischen die Vorderbeine an den Gurt. Du siehst, dass die Longen durchhängen und das Pferd sich trotzdem aufrollt.

Diese Variante ist ähnlich wie die oben drüber. Die Longe verläuft von der Hand zu den Leinenaugen, zum Gebiss, von dort aber an der Seite an den Gurt. Auch hier hängen die Longen wieder durch und das Pferd rollt sich auf

Hier oben verläuft die Longe von der Hand zuerst unten an einen Ring am Gurt. Von dort aus an das Gebiss und dann wieder an den Gurt zurück. Da die Longe tief unten ansetzt führt die äußere Longe hierbei dann um die Hinterhand herum. Durch die Bewegung der Hinterhand bekommt das Pferd ständig zusätzlich einen Ruck ins Maul. Das Pferd spannt mit der kompletten Halsmuskulatur gegen die Longen dagegen. 

3. Die Einschnallhöhe

Alle diese Verschnallungen kannst du in unterschiedlichen Höhen am Longiergurt anbringen. Je nachdem, wo du einhängst, ändert sich:

  • die Zugrichtung
  • der Einwirkungswinkel
  • die Druckverteilung und 
  • die Verstärkung durch Hebelwirkung und Reibung

Häufig wird davon gesprochen, dass die hohe Verschnallung eine aufrichtende Wirkung hat und die tiefe Verschnallung eine dehnende. Bei der tiefen Verschnallung wirken allerdings auch wieder sehr starke vertikale Hebel auf Kopf und Hals. Somit wird also Hals und Kopf eher nach unten gezogen, als dass das Pferd eine echte Dehnungshaltung einnimmt.

Ich ziehe hier gerne einen Vergleich zum Reiten - würde der Reiter mit den Händen am Ellbogen des Pferdes reiten, damit es nur dann eine Dehnungshaltung einnehmen kann? Eher nicht, sondern er würde an den Zügeln nachgeben und das Pferd sollte sich an die Hand heran dehnen. Tut es das nicht, ist es wahrscheinlich körperlich nicht dazu in der Lage und hat verschiedene Kompensationshaltungen, die das verhindern. Hier sollte dann weiter daran gearbeitet werden, diese Kompensationen aufzulösen und eine neue Bewegungsidee zu vermitteln.

Die hohe Verschnallung ist aus meiner Sicht auch nicht nur für ein Training in Aufrichtung möglich, sondern durch nachgeben an den Longen kann hiermit sehr wohl auch eine Dehnungshaltung longiert werden. Hier gilt das gleiche wie gerade eben, wenn das Pferd nicht in eine Dehnungshaltung findet, muss weiter an der physiologischen Bewegung gearbeitet werden. Was ich hier dann mit der Kombination aus tensegralem Training und der Doppellonge in einer hohen direkten Verschnallung mache. 

Aus meiner Sicht macht es keinen Sinn das Pferd mit einer anderen Verschnallung einfach nach unten zu ziehen, damit der Kopf unten ist.


Das kann nämlich zu großen Verspannungen führen und das Ergebnis ist sowieso allerhöchstens ein nach unten gezogener Kopf, aber sicher kein positiver Spannungsbogen durch einen aktiven Rumpftrageapparat, der bei einer Dehnungshaltung gewünscht wäre.

4. Der Verlauf der äußeren Longe

Ein zusätzlicher Punkt, der oft für Diskussionen sorgt: Wie verläuft die äußere Longe?

Es gibt zwei Möglichkeiten:

  • über den Rücken
  • um die Hinterhand

Hierfür gibt es ganz kontroverse Meinungen. Für die Einen ist nur die Variante um die Hinterhand die Richtige, für die anderen ist es fast ein NoGo.

Damit die Longe um die Hinterhand geführt werden kann, muss sie entweder tief über dem Ellbogen des Pferdes eingeschnallt werden oder bei einer hohen Verschnallung durch Umlenkrollen nach unten geleitet werden. 

Dadurch entsteht, aus meiner Sicht, die gleiche Problematik, wie oben schon genannt. Es wirken große Hebelkräfte auf den Kopf und den Hals des Pferdes ein. Zusätzlich dazu kommt noch erschwerend hinzu, dass jede Bewegung des Hinterbeins über die Longe im Maul des Pferdes ankommt und somit das Gebiss von links nach rechts durch das Maul gezogen wird (im Schritt sieht man das am Stärksten).

Aus diesem Grund nutze ich die Variante über den Rücken.

5. Was ist, wenn das Pferd keine gute Anlehnung findet?

Viele Pferde finden anfangs mit der direkten, hohen Verschnallung keine schöne Anlehnung. Sie laufen wie eine Giraffe, werden eng im Hals oder lassen sich überhaupt nicht biegen. Dann ist die Versuchung groß, die Verschnallung einfach tiefer zu schnallen oder zur V-Verschnallung zu greifen. 

Damit wird schnell einigermaßen die gewünschte Form erreicht - der Kopf ist unten.

Für viele ist das auch erstmal die einzige Lösung, da sie sich ansonsten nicht zu helfen wissen. Sie wissen aber sehr wohl, dass das Pferd nicht wie eine Giraffe Runde um Runde laufen sollte, daher scheint die Lösung der anderen Verschnallung die sinnvollste Lösung zu sein.

Ich sehe das inzwischen etwas anders!

Wenn das Pferd keine schöne Anlehnung findet, fehlt es meistens an der Vorbereitung und die Pferde sind körperlich nicht in der Lage die gewünschte Haltung einzunehmen. Dann ist es Zeit, nochmal an die Basis zu gehen:

  • Druckverständnis
  • Hilfenerklärung
  • Koordination
  • Lösen von Kompensationen
  • Mobilisation
  • Stabilisation
  • Erlernen einer physiologischen Bewegungsidee

Hierfür arbeite ich mit einer Kombination von tensegralem Training und der Doppellongenarbeit. Auf diesem Weg wird das Pferd auch lernen, die gewünschte Haltung von selbst einzunehmen und nicht nur durch eine Verschnallung, die nach unten wirkt.

6. Mein Fazit: Wähle die Verschnallung der Doppellonge mit Sinn und Verstand

Die Doppellonge ist eine wunderbare Trainingsmöglichkeit - wenn sie sinnvoll und pferdegerecht angewendet wird.

Wie Du Deine Longe verschnallst, bestimmt:

  • ob Dein Pferd sich losgelassen bewegen kann
  • ob die Hilfen verständlich sind oder einfach nur Hebelkräfte wirken
  • und ob das Training langfristig gesundheitsfördernd wirkt

Deshalb lohnt es sich, die physikalischen Hintergründe zu kennen – und nicht die Longe einfach irgendwie "einzuhängen".

Wenn du Dein Pferd gesundheitsfördernd und fein an der Doppellonge trainieren willst und noch weiter in das Thema einsteigen möchtest, lade dir meinen kostenlosen Doppellongen-Guide herunter!

Oder melde Dich gleich unverbindlich auf der Warteliste für mein Onlineprogramm " Vom Longensalat zur Doppellonge" an. Hier erkläre ich Dir alles zum Thema Doppellonge und zur Vorbereitung des Pferdes Schritt für Schritt.

Hi, ich bin Sabrina

Sabrina_Moeller

Ich helfe Dir mit tensegralem Training an der Longe und der Doppellonge, Dein Pferd gesundheitsfördernd und fein zu trainieren.

Du kannst in Form von Onlineangeboten, einer Trainerausbildung, Kursen und Unterricht mit mir zusammen arbeiten oder Dein Pferd zum Reha- und Aufbautraining zu mir bringen.

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