Trageerschöpfung beim Pferd: 10 Symptome erkennen und richtig deuten

aktualisiert am November 26, 2025

1. Vielleicht kennst Du das:

Dein Pferd wirkt unmotiviert, ist triebig, findet keine gute Anlehnung und läuft wie eine Giraffe mit hochgezogenem Hals. Es lässt sich nur schwer biegen und ist hart in der Hand. Oder es ist sehr schreckhaft und rennt wegen jedem kleinen Geräusch davon. Vielleicht ist es auch grantig beim Putzen und Satteln – und Du fragst Dich, woran das alles liegt.

Viele Pferdemenschen denken in solchen Momenten: „Mein Pferd ist faul", „Der hat keinen Bock und will einfach nicht richtig mitarbeiten" oder “Die ist halt zickig”. Doch in den allermeisten Fällen steckt da etwas ganz anderes dahinter und das Pferd wird falsch verstanden. Ganz häufig ist eine Trageerschöpfung der Grund für dieses Verhalten.

Das Problem: Trageerschöpfung wird häufig übersehen oder falsch gedeutet. Die Symptome werden oft als Charakterfehler interpretiert, dabei ist das Pferd körperlich einfach überfordert und nicht in der Lage, die gestellten Aufgaben in der Art auszuführen, wie wir uns das wünschen würden. Die gute Nachricht: Je früher Du die Anzeichen erkennst, desto besser kannst Du gegensteuern.

In diesem Artikel zeige ich Dir 10 typische Symptome der Trageerschöpfung – am Körper, in der Bewegung und im Verhalten. So lernst Du, worauf Du achten musst, um Deinem Pferd rechtzeitig zu helfen.

2. Was ist Trageerschöpfung?

Trageerschöpfung – auch Trageschwäche, myofasziale Dysfunktion oder Topline-Syndrom genannt – ist keine Erkrankung im eigentlichen Sinn, sondern ein Syndrom mit vielen möglichen Symptomen.

Sie entsteht, wenn die Rumpftragemuskulatur nicht kräftig genug ist und ihre Aufgabe, den Rumpf dynamisch zu stabilisieren (anzuheben), nicht mehr erfüllen kann.

Beim Pferd gibt es keine knöcherne Verbindung zwischen Vorderbeinen und Rumpf – stattdessen wird der Brustkorb alleine von einer Muskelschlinge zwischen den Schulterblättern getragen. Diese Muskelschlinge, auch der Rumpftrageapparat oder Rumpftragemuskulatur genannt, hat die Aufgabe, den Rumpf anzuheben, dynamisch zu stabilisieren und die Stöße auf die Vorderbeine abzufedern – egal ob in der normalen Bewegung im Schritt, Trab und Galopp, bei der Landung nach einem Sprung oder beim Ausgleich in unebenem Gelände. Wenn die Rumpftragemuskulatur zu schwach ist und diese Aufgaben nicht mehr erfüllen kann, beginnt das Pferd in verschiedenen Varianten zu kompensieren: Es verspannt sich im Versuch, den Körper anders zu stabilisieren. Dadurch wird der Körper falsch belastet, Beine und Gelenke werden schräg aufgesetzt und unphysiologisch belastet. Diese ungesunden Bewegungsmuster können langfristig gesundheitliche Folgen haben.

Das Tückische: Viele Symptome werden anders gedeutet. Ein Pferd, das den Kopf hochreißt, gilt als widersetzlich. Eines, das nicht angaloppieren will, als faul. Dabei zeigen solche Dinge oft nur, dass das Pferd körperlich überfordert ist.

Deshalb ist Blickschulung so entscheidend: Wenn Du die Anzeichen früh erkennst, kannst Du handeln und mit sinnvollem Training gezielt gegensteuern.

Was mir zu diesem Thema wichtig ist:

Der Begriff Trageerschöpfung klingt erst mal dramatisch – er hört sich so endgültig an, nach einem sehr schlechten Zustand des Pferdes. Viele verbinden ihn mit dem Bild eines komplett durchhängenden Pferdes mit extremem Senkrücken. Deshalb denken viele Pferdebesitzer bei ihrem eigenen Pferd gar nicht an Trageerschöpfung – schließlich sieht es ja nicht SO schlimm aus. Dabei können auch Pferde mit weniger offensichtlichen Symptomen betroffen sein. Der Begriff Myofasziale Dysfunktion beschreibt dieses ganze Thema deshalb eigentlich viel besser: Er umfasst die gesamte Bandbreite – von leichten Verspannungen und Trageschwäche bei untrainierten Pferden bis hin zu stark ausgeprägten Kompensationsmustern. Ich verwende allerdings trotzdem häufig den Begriff Trageerschöpfung, einfach weil er bekannter ist und die meisten Pferdemenschen darunter gleich etwas verstehen können.

Gut zu wissen:

Auch ein junges, untrainiertes Pferd kann einige dieser Symptome zeigen – zum Beispiel kippt es in Kurven, weil die Rumpftragemuskulatur noch nicht aufgebaut ist. Das ist oft noch keine schwere Trageerschöpfung, sondern eine leichtere Ausprägung, es muss einfach noch entsprechend trainiert werden. Außerdem klingt "TRAGEerschöpfung" so, als wäre das Pferd vom Reiten oder Tragen erschöpft – dabei können auch Jungpferde auf der Koppel betroffen sein, die nie geritten wurden.

Bitte keine Panik:

An den allermeisten Pferden sind einige dieser Symptome zu sehen – das bedeutet nicht, dass Dein Pferd für immer 'kaputt' ist. Diese Symptome sind kein Endzustand, sondern können durch gezieltes Training verbessert werden. Sieh sie vielmehr als Wiederbekundzeichen, an denen Du ablesen kannst, wie Dein Training anschlägt. Das Gute daran: Je früher Du die Symptome erkennst und handelst, desto einfacher und schneller kannst Du Deinem Pferd helfen.

3. 10 Symptome der Trageerschöpfung
(myofaszialen Dysfunktion)

Jedes Pferd zeigt Trageerschöpfung bzw. die myofasziale Dysfunktion auf seine eigene Weise – je nachdem, wie es versucht zu kompensieren. Nicht alle Symptome treten gleichzeitig auf, und es gibt keine Standard-Trageerschöpfung. Ein Pferd lässt den Rumpf vielleicht einfach zwischen den Schulterblättern hängen, ein anderes klemmt ihn mit Hilfe der Ellbogen krampfhaft nach oben. Beide versuchen, Stabilität zu finden – nur auf völlig unterschiedliche Weise. Und das sind nur zwei Beispiele von vielen möglichen Kompensationsmustern. Genau das macht es so schwierig, Trageerschöpfung (Myofasziale Dysfunktion) zu erkennen – und genau deshalb ist eine gute Blickschulung so wichtig.

Trotzdem gibt es typische Anzeichen, die Dir helfen, das Problem zu erkennen. Diese Symptome zeigen sich in drei Bereichen: am Körper beim stehenden Pferd, in der Bewegung und im Verhalten.

Für die Übersichtlichkeit teile ich sie in zwei Gruppen auf: Körper-Symptome (am stehenden Pferd sichtbar) und Symptome in Bewegung & Verhalten (im Training und im Umgang erkennbar).

3.1. Symptome am Körper

Symptom 1: Abfallende Rückenlinie

Was Du siehst:

Der Widerrist sinkt zwischen den Schulterblättern ab, die Kruppe steht oft höher als der Widerrist. Die Rückenlinie wirkt von der Kruppe zum Widerrist hin abfallend und es bildet sich oft ein harter Knick zwischen Rücken und Widerrist.

Was es bedeutet:

Die Rumpftragemuskulatur ist nicht in der Lage, den Rumpf anzuheben. Das Pferd lässt den Brustkorb hängen – er rutscht zwischen den Schulterblättern ab. Dadurch sinkt der Widerrist ab und die Rückenlinie fällt von der Kruppe zum Widerrist hin ab.

Wichtig:

Bei manchen Pferden sieht es auch genau andersherum aus – sie klemmen die Ellbogen unter den Rumpf und stemmen ihn damit nach oben. Das ist genauso problematisch, aber hier siehst Du eben keine abfallende Rückenlinie. Trageerschöpfung zeigt sich, wie schon gesagt, sehr individuell!

Wie es sein sollte:

Im Idealfall sollte der Widerrist auf gleicher Höhe oder sogar leicht höher als die Kruppe sein. Die Rückenlinie verläuft harmonisch, ohne harten Knick zwischen Rücken und Widerrist. Der Brustkorb wird aktiv von der Rumpftragemuskulatur angehoben und sinkt nicht einfach zwischen den Schulterblättern ab.

Symptom 2: CTÜ (Übergang Halswirbelsäule und Brustwirbelsäule) in Extension

Was Du siehst:

Der Hals ist sehr gerade oder sogar nach unten gewölbt. Oft sieht der Hals auch aus wie eine WC-Ente – eine deutliche S-Kurve, bei der der untere Teil nach unten durchgebogen ist. Sehr häufig siehst Du auch einen ausgeprägten Axthieb - ein deutlicher Knick zwischen Hals und Widerrist.

Was es bedeutet:

Der M. Serratus Ventralis – einer der Hauptrumpftragemuskeln, der an der Halswirbelsäule (Querfortsätze der Halswirbel C4-C7) ansetzt – tut seinen Job nicht und hebt die Halsbasis nicht an. Die Halswirbelsäule "hängt nach unten durch" und befindet sich in Extension (Streckung). Es entsteht ein deutlicher Knick am CTÜ (Cervicothorakaler Übergang - Übergang zwischen Halswirbelsäule und Brustwirbelsäule). In dieser Region verläuft auch der Plexus Brachialis – das Nervengeflecht, das die gesamte Vorhand innerviert. Durch die Extension kann dieser eingeklemmt werden, was zu Problemen in der Vorhand führen kann:

Nervenschädigungen durch Kompression, Sensibilitätsstörungen, Bewegungseinschränkungen, Muskelschwäche, Koordinationsprobleme und Schmerzen. Diese Haltung kann sich also auf die Bewegung der kompletten Vorhand auswirken.

Wie es sein sollte:

Im Idealfall befindet sich der CTÜ - die Halsbasis - in Flexion (Beugung) statt in Extension. Die Halsbasis wird vom M. Serratus Ventralis aktiv angehoben, sodass ein harmonischer Bogen nach oben entsteht. Die Oberlinie des Halses scheint deutlich länger als die Unterlinie. Der Übergang zwischen Oberhalslinie und dem Widerrist verläuft harmonisch und ohne Knick.

Symptom 3: Vorderbeine rückständig gestellt

Was Du siehst:

Von der Seite betrachtet stehen die Vorderbeine hinter einer gedachten Senkrechten. Der Rumpf wird über das Vorderbein nach vorne geschoben.

Was es bedeutet:

Die Rumpftragemuskulatur kann den Brustkorb nicht ausreichend stabilisieren. Es kommt zu verschiedenen Kompensationsmustern: Muskeln, die für Bewegung gedacht sind, müssen die Arbeit der stabilisierenden Muskulatur übernehmen und können dabei verspannen oder verkürzen. Diese muskulären Züge – zum Beispiel durch einen verkürzten M. Latissimus Dorsi – können das Bein in diese Position ziehen. Außerdem kann es auch sein, dass das Pferd die Beine vermehrt unter seine Körpermitte stellt, um sich auf diese Weise mehr Stabilität zu verschaffen.

Wichtig:

Manche Pferde stellen die Vorderbeine auch vorständig – je nachdem, welches Kompensationsmuster sie entwickelt haben.

Wie es sein sollte:

Im Idealfall stehen die Vorderbeine senkrecht unter dem Körper. Die Rumpftragemuskulatur hebt den Brustkorb aktiv an und stabilisiert ihn, sodass möglichst wenige Kompensationsmuster entstehen und das Pferd nicht versuchen muss, durch veränderte Beinstellung Stabilität zu finden.

Symptom 4: Hinterbeine untergeschoben

Was Du siehst:

Von der Seite gesehen stehen die Hinterbeine vor einer gedachten Senkrechten. Sie sind zu weit unter den Körper geschoben.

Was es bedeutet:

Wie bei allen Symptomen liegt das Grundproblem in der schwachen Rumpftragemuskulatur. Ähnlich wie bei Symptom 3 übernehmen Bewegermuskeln stabilisierende Aufgaben und können dabei verspannen und verkürzen – zum Beispiel der Hüftbeuger (Iliopsoas-Gruppe). Diese muskulären Züge können das Bein unter den Körper ziehen. Eine weitere Möglichkeit ist, dass das Pferd versucht sich zu stabilisieren und den Rumpf von hinten zu halten, indem es die Beine aktiv weiter unter seinen Körper stellt.

Wichtig:

Auch hier gibt es die umgekehrte Variante: Manche Pferde stellen die Hinterbeine deutlich nach hinten raus.

Wie es sein sollte:

Im Idealfall stehen die Hinterbeine senkrecht unter dem Körper. Die Rumpftragemuskulatur hebt den Brustkorb aktiv an und stabilisiert ihn, sodass keine Kompensationsmuster entstehen und das Pferd nicht versuchen muss, durch veränderte Beinstellung Stabilität zu finden.

Symptom 5: Steile Kruppe

Was Du siehst:

Die Kruppe ist sehr steil. Sie sieht oft aus wie ein „Dach" und ist sehr kantig von der Seite gesehen.

Was es bedeutet:

Das Pferd versucht oft mit der Hinterhand, gegen den absinkenden Rumpf gegenzuhalten – dieses Symptom tritt häufig zusammen mit Symptom 4 auf. Die Lenden- und Kruppenmuskulatur kann im Versuch, den Rumpf von hinten zu stabilisieren, verspannen. Ein verkürzter Hüftbeuger (Iliopsoas-Gruppe) ist auch sehr häufig. Diese Verspannungen zeigen sich in einer unharmonischen, steilen Kruppe.

Wichtig:

Auch hier gibt es die umgekehrte Variante: Manche Pferde zeigen auch eine sehr flache Kruppe, gerne kombiniert mit sehr geraden Hinterbeinen.

Wie es sein sollte:

Die Kruppe zeigt eine harmonische, runde Form – nicht zu flach, nicht zu steil. Die Lenden- und Kruppenmuskulatur ist weich und entspannt.

3.2. Symptome in Bewegung & Verhalten

Symptom 6: Taktfehler und häufiges Stolpern

Was Du siehst:

Dein Pferd läuft nicht taktklar und stolpert häufig mit den Vorderbeinen. Es läuft deutlich auf der Vorhand. Im Trab siehst Du das besonders gut: Das diagonale Vorderbein steht noch auf dem Boden, während das dazugehörige Hinterbein schon in der Luft ist. Die Bewegungen sehen häufig unkoordiniert und schwerfällig aus und sind oft sehr laut.

Was es bedeutet:

Die zu schwache Rumpftragemuskulatur kann den Rumpf nicht dynamisch stabilisieren und die Vorhand nicht genügend anheben. Dadurch liegt viel Gewicht auf der Vorhand. Das Pferd kann sich nicht ausbalanciert bewegen, was zu Taktfehlern und Stolpern führt.

Wie es sein sollte:

Idealerweise läuft das Pferd taktklar ohne zu stolpern. Die Rumpftragemuskulatur hebt den Brustkorb an, sodass das Pferd nicht auf der Vorhand läuft. Die diagonalen Beinpaare fußen im Trab gleichzeitig auf und ab. Die Bewegungen sind koordiniert, ausbalanciert und leicht.

Symptom 7: "Auf die innere Schuler kippen" in den Kurven

Was Du siehst:

Wenn Dein Pferd auf gebogenen Linien läuft – zum Beispiel auf einem Zirkel oder einer Volte – kannst Du von vorne sehen, dass es wie ein Motorrad in die Kurve kippt. Die Brustbein-Widerrist-Achse ist nicht im Lot. Die Beine werden schräg und ungleichmäßig belastet. Statt sich gleichmäßig nach innen zu biegen, stellt das Pferd Kopf und Hals nach außen und drückt mit der Schulter nach innen.

Was es bedeutet:

Die Rumpftragemuskulatur kann den Rumpf nicht ausreichend stabilisieren, besonders nicht auf gebogenen Linien. Dabei gilt: Pferde sind von Natur aus nicht darauf ausgelegt, sich auf gebogenen Linien zu bewegen – sie nutzen daher ihre natürliche Strategie und kippen in Außenstellung auf die innere Schulter. Eine harmonische Biegung entsteht erst durch Training: Das Pferd muss lernen, sich über einen aktiven M. Serratus Ventralis zu stabilisieren und aufzurichten.

Wichtig:

Dieses Symptom ist alleine für sich gesehen nicht automatisch ein Zeichen für eine starke Trageerschöpfung – es kann auch einfach bedeuten, dass das Pferd noch keine Bewegungsidee für gebogene Linien gelernt hat.

Wie es sein sollte:

Im Idealfall bewegt sich das Pferd auf gebogenen Linien wie ein Zug auf Schienen – stabil und ausbalanciert durch die Kurve. Die Brustbein-Widerrist-Achse ist annähernd im Lot. Das Pferd zeigt eine gleichmäßige Biegung nach innen und kann sich selbst tragen, ohne auf die innere Schulter zu kippen.

Symptom 8: Kein korrektes Vorwärts-Abwärts möglich

Was Du siehst:

Du versuchst, Dein Pferd vorwärts-abwärts zu reiten oder zu longieren, aber es geht nicht: Entweder hebt es den Kopf hoch und läuft wie eine Giraffe, oder es senkt den Kopf zwar, aber der Hals hängt nach unten durch und der Rumpf bleibt abgesunken. Es entsteht kein positiver Spannungsbogen. Das Pferd läuft auf der Vorhand. Es dehnt sich nicht an die Hand heran.

Was es bedeutet:

Das übergeordnete Problem ist wieder die zu schwache Rumpftragemuskulatur. Dem Pferd fehlt dadurch die Möglichkeit sich aufzuspannen und es zeigt keinen positiven Spannungsbogen. Das Pferd weicht aus: Entweder nach oben (Kopf hoch, Verspannung) oder nach unten (Hals hängt durch, Rumpf bleibt abgesunken). Ein echtes, tragfähiges Vorwärts-Abwärts entsteht nicht.

Wichtig:

Nase auf Buggelenkshöhe alleine ist noch kein Vorwärts-Abwärts. Dafür braucht es den positiven Spannungsbogen (mit aktiver Hinterhand) und ein aktives Heranziehen an die Hand. Ohne gute Rumpftragemuskulatur ist das nicht möglich.
Dieses Symptom ist auch alleine gesehen nicht zwingend ein Zeichen für Trageerschöpfung – auch junge oder unausgebildete Pferde müssen ein korrektes Vorwärts-Abwärts erst lernen. Auch bei ihnen muss dann die Rumpftragemuskulatur noch aufgebaut werden.

Wie es sein sollte:

Im Idealfall zeigt das Pferd einen positiven Spannungsbogen, erkennbar an:
einem harmonischen Bogen nach oben im Hals, einem aktiv angehobenen Rumpf, das Pferd kippt nicht auf die Vorhand und zieht an die Hand heran. Im Vorwärts-Abwärts ist die Nase etwa auf Buggelenkshöhe. Ein gut trainiertes Pferd kann diesen Spannungsbogen in allen Kopf-Hals-Positionen halten. Dieser positive Spannungsbogen sollte im Idealfall in allen Kopf-Hals-Positionen möglich sein – nicht nur wenn sich der Kopf mit der Nase auf Buggelenkshöhe befindet.

Symptom 9: Unwilligkeit, Unlust und Triebigkeit

Was Du siehst:

Im Training wirkt Dein Pferd unwillig und unmotiviert. Es läuft zäh und Du musst permanent vorwärts treiben, um überhaupt eine Reaktion zu bekommen. Es reagiert verzögert oder gar nicht auf Deine Hilfen und verweigert Lektionen. Galoppieren möchte es nur ungern oder verweigert es komplett. Das Pferd wirkt lustlos und ohne jede Arbeitsfreude – ganz so, als hätte es "keinen Bock".

Was es bedeutet:

Oft sind die Pferde aber gar nicht faul oder bockig – sie können körperlich einfach nicht das leisten, was von ihnen gefordert wird. Die fehlende Rumpfstabilität führt zu Kompensationen und Verspannungen. Diese machen es dem Pferd schwer, sich locker vorwärts zu bewegen und Kurven zu laufen. Der Galopp, bei dem die Vorhand und der Rumpf im Galoppsprung angehoben werden muss, fällt oft besonders schwer. Das Pferd zeigt mit seinem Verhalten, dass es überfordert ist.

Wichtig:

Pferde können aus den gleichen Gründen – Überforderung, Schmerzen und Verspannungen durch die fehlende Rumpfstabilität – auch genau andersherum reagieren. Statt lustlos und triebig zu sein, werden manche Pferde explosiv: Sie gehen durch, bocken, steigen oder werden unkontrollierbar. Beide Reaktionen – sowohl die lustlose als auch die explosive – sind Ausdruck derselben körperlichen Überforderung.

Wie es sein sollte:

Idealerweise bewegt sich das Pferd motiviert und mit Arbeitsfreude. Die starke Rumpftragemuskulatur stabilisiert den Körper, sodass keine Kompensationen und Verspannungen entstehen. Dadurch kann sich das Pferd locker und schwungvoll vorwärts bewegen. Mit dieser körperlichen Basis ist es in der Lage, prompt auf Deine Hilfen zu reagieren und die gestellten Aufgaben zu erfüllen. Das Pferd zeigt Freude an der Arbeit, weil es körperlich dazu in der Lage ist.

Symptom 10: Berührungsempfindlichkeit und Abwehrverhalten

Was Du siehst:

Dein Pferd zeigt deutliches Abwehrverhalten im Umgang: Es wehrt sich beim Putzen oder Satteln, zuckt bei Berührungen oder weicht ihnen aus. Besonders empfindlich reagiert es an Schulter, Rücken, Kruppe und Bauch.

Was es bedeutet:

Die Kompensationen durch die schwache Rumpftragemuskulatur führen zu unangenehmen Verspannungen. Zum Beispiel verursacht ein verspannter Trapezmuskel häufig ein Zucken am Widerrist, eine verspannte Brustmuskulatur kann die Ursache für Abwehrverhalten beim Gurten führen. Hier gibt es noch viele weitere Beispiele. Das Pferd zeigt durch dieses Abwehrverhalten, dass ihm die Berührung an diesen Stellen unangenehm ist.

Wie es sein sollte:

Im Idealfall ist die Muskulatur entspannt und schmerzfrei. Das Pferd lässt sich überall am Körper berühren, ohne zu zucken oder sich zu wehren. Putzen und Satteln verlaufen entspannt und ohne Abwehrverhalten.

4. Trageerschöpfung: Mehr als nur 10 Symptome

Diese 10 Symptome gehören zu den häufigsten Anzeichen der Trageerschöpfung – aber die Realität ist oft noch viel komplexer. Es gibt nicht nur viele weitere Symptome, sondern auch unzählige Varianten der beschriebenen 10 Anzeichen. Die Frage ist nicht nur "Welches Symptom?", sondern auch "Wie stark ausgeprägt?", “Wie viele Symptome insgesamt” und "In welcher Kombination?"

Eine geschulte Blickschulung hilft Dir, diese Unterschiede zu erkennen.

Mein Trageerschöpfungs-Quiz gibt Dir eine erste Einschätzung des körperlichen Zustands Deines Pferdes und hilft Dir, Dein Auge zu schulen.

5. Was tun, wenn Du Symptome an Deinem Pferd erkennst?

Die gute Nachricht: Trageerschöpfung muss kein Dauerzustand sein! Du kannst Deinem Pferd helfen – wenn Du die Ursachen verstehst und nicht nur die Symptome behandelst.

Die nächsten Schritte:

  • Blickschulung verfeinern: Je besser Du siehst, was bei Deinem Pferd passiert, desto gezielter kannst Du handeln. Mein Trageerschöpfungs-Quiz unterstützt Dich dabei. Im Anschluss bekommst Du ein kostenloses Trainingsvideo, in dem ich Dir mehr über die Anatomie, die Ursachen, die Folgen und mögliche Trainingsansätze erkläre.
  • Bewegungsmuster verstehen: Analysiere, wie Dein Pferd kompensiert und welche Bewegungsideen ihm fehlen. Es reicht nicht, einfach „mehr zu trainieren" – Dein Pferd braucht neue Bewegungsideen und die Möglichkeit, aus den Kompensationen herauszufinden.
  • Gezieltes Training vom Boden aus: Die Doppellonge in Kombination mit tensegralem Training ist ein hervorragendes Werkzeug, um Dein Pferd ohne Reitergewicht aufzubauen. Du kannst die Bewegung gezielt verbessern und die Rumpftragemuskulatur stärken.

6. Fazit: Dein Pferd 

Diese 10 Symptome helfen Dir, Trageerschöpfung (Myofasziale Dysfunktion) früh zu erkennen – am Körper, in der Bewegung und im Verhalten. Je früher Du handelst, desto besser kannst Du gegensteuern.

Möchtest Du Dein Auge für Trageerschöpfung schulen? Mach mein kostenloses Trageerschöpfungs-Quiz – es hilft Dir, die Symptome bei Deinem Pferd richtig einzuordnen und gibt Dir eine erste Einschätzung des körperlichen Zustands. Im Anschluss bekommst Du ein kostenloses Trainingsvideo mit mehr Hintergrundwissen.

Und wenn Du lernen möchtest, wie Du Deinem Pferd aus der Trageerschöpfung heraus hilfst, schau Dir meinen Kurs „Vom Longensalat zur Doppellonge" an. Mit dem Bonuskurs „Starthilfe" zusammen lernst Du Schritt für Schritt, wie Du Dein Pferd vom Boden aus gesund aufbaust – von der optimalen Vorbereitung bis zum systematischen Training an der Doppellonge.

Hi, ich bin Sabrina

Sabrina_Moeller

Ich helfe Dir mit tensegralem Training an der Longe und der Doppellonge, Dein Pferd gesundheitsfördernd und fein zu trainieren.

Du kannst in Form von Onlineangeboten, einer Trainerausbildung, Kursen und Unterricht mit mir zusammen arbeiten oder Dein Pferd zum Reha- und Aufbautraining zu mir bringen.

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